Die Kreissstadt Zgorzelec an der Lausitzer Neiße zählt etwas mehr als 30.000 Einwohner. Die Lage der Stadt und die historische Verbindung mit dem benachbarten Görlitz (bis 1945 waren Görlitz und Zgorzelec eine Stadt) setzen deutsch-polnische Initiativen frei. Eine davon ist der „Interclub Femina”, ein 1998 von Frauen gegründeter Bürger- und Kulturverein in Zgorzelec.
Kopf des Vereins ist Hanna Ilnicka – eine Person, die sich durch außergewöhnliche Sensibilität und Feingefühl im Umgang mit Menschen auszeichnet, entschlossen, Leute über Barrieren hinweg zusammenzubringen. Als die Europa-Stadt Görlitz/Zgorzelec vor genau 20 Jahren ausgerufen wurde, arbeitete sie am Konzept mit.
Schon im Dezember 1992 erhielt Ilnicka einen Brief von Angela Schied vom Demokratischen Frauenbund Görlitz e.V., die ihr eine Zusammenarbeit vorschlug. Einen Monat später trafen sich Frauen beider Vereine. Die Polinnen und Deutschen kamen erstaunlich gut miteinander aus, trotz der Sprachbarriere und trotz der inneren Unruhe, worüber man sprechen solle und worüber besser nicht.
Später traf man sich zwei Mal im Monat, mal auf der einen, mal auf der anderen Neißeseite. Anfangs ging es ums Kennenlernen, später brachten sich die Frauen gegenseitig Polnisch und Deutsch bei und überlegten sich gemeinsame Initiativen. Um die Ideen umzusetzen, war Geld notwendig. Also gründeten die Frauen aus Zgorzelec ihren eigenen Verein. So entstand der Interclub Femina mit dem Ziel vielfältige Bürgeraktivitäten und prodemokratische Arbeit zu ermöglichen, darunter deutsch-polnische Projekte.
Die Frauen von Femina und vom Görlitzer Frauenbund initiierten gemeinsam das Jahr des Senioren und den Welttag des Freiwilligen. Sie halfen dem Klub „Amazonka”, einer Gruppe für Frauen nach einer Mastektomie. Sie stießen Maßnahmen an, um Brustkrebs und Prostatakrebs vorzubeugen und gründeten das Deutsch-Polnische Mehrgenerationenzentrum, das sich auch an Jugendliche richtet, welches unter anderem zum Ziel hat, Suchtverhalten vorzubeugen. Die Vereine organisieren regelmäßig Seminare, Begegnungen und Vorträge, nehmen an Konzert- und Theatervorstellungen teil, machen Ausflüge. Und es wird über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen diskutiert.
Femina arbeitet auch mit anderen Vereinen in Görlitz zusammen. Mit dem Verein für grenzüberschreitende Vernetzung Sozialer Arbeit GÜSA gründete Femina das Erzählcafé. Kontakte baut der Verein auf mit KoLABORacja Görlitz. Mit dem Meetingpoint Music Messiaen veranstaltet man deutsch-polnische Workshops zur Sprachanimation. Im Dezember 2017 fand eine Konferenz im Kulturhaus Zgorzelec statt anlässlich 25 Jahren grenzübergreifenden Dialogs. Gedankt wurde dabei auch Hanna Ilnicka und Angela Schied – dafür, dass sie Menschen unterschiedlicher Kulturen und Ansichten zusammenbringen. In jenem Kulturhaus fand 1992 das erste Treffen der Frauen aus Görlitz und Zgorzelec statt.
Auch Anfang Mai bei der gemeinsamen Stadträteversammlung zum 20-jährigen Jubiläum der Europa-Stadt sprachen die gewählten Vertreter aus Görlitz und Zgorzelec über die Zusammenarbeit der Frauen.
Marek ŻYTOMIRSKI
Journalist aus Zgorzelec
Aus dem Polnischen von Nancy WALDMANN
Hanna Ilnicka (zweite v.l.) mit ihren Mitstreiterinnen vom Interclub Femina
Foto: Archiv Interclub Femina