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Traditionsbrüche

Data publikacji: 30 sierpnia 2018 r. 12:29
Ostatnia aktualizacja: 30 sierpnia 2018 r. 12:29
Traditionsbrüche
2014, Woodstock in Kostrzyn noch mit der polnische Feuerwehr Fot. Dariusz GORAJSKI  

Das Festival in Kostrzyn droht mehr und mehr zum Spielball der Politik zu werden. Jurek Owsiak will es abgeben.

 Praktisch läuft es rund beim Woodstock-Festival, wie seit 24 Jahren. Der Spirit scheint unverwüstlich. Der Namenswechsel - die Veranstaltung heißt aus namensrechtlichen Gründen seit diesem Jahr „Pol’and’ Rock” - macht den Woodstockern nichts aus. Wie eh und je machen sich hunderttausende Anfang August auf nach Kostrzyn -  Stammgäste, Neulinge, Eltern und Kinder. Von den schweren politischen Fahrwassern, in die das Festival in den letzten zwei Jahren gelangt ist, war vor Ort nicht viel zu spüren: Schlammbäder, Free Hugs, Meinungsaustausch in der „Akademie der Schönen Künste”, also bewährte Woodstock-Praktiken, wurden fortgeführt. Seit neuestem gibt es eine Kinderzone.

 Agata kommt seit 18 Jahren zum Festival, meistens als „Peace Patrol”, als Helferin. Sie hat einen stressigen Job in Berlin, aber jedes Jahr Anfang August überfällt sie die Woodstock-Euphorie und ein unwiderstehliches Gefühl von Jugend. „Einen Sommer ohne Woodstock kann ich mir nicht vorstellen”, sagt sie. In Kostrzyn trifft sie alte Freunde, die sie sonst nicht mehr schaffen würde zu sehen: Uwe und Carsten aus Cottbus, Marian aus Zagan, ihren Kollegen aus Spanien. Dieses Jahr hat sie einen Kolumbianer kennengelernt. Er habe das Festival und Polen sehr gelobt, sagt sie. „Diese Message nehme ich immer gern mit nach Hause! Das Gefühl, dass wir hier zusammen als Polen was Positives schaffen, dass wir Polen und Deutsche zusammenbringen.”

 Die Regierung der PiS hegt großes Misstrauen gegenüber der WOŚP-Stiftung von Festivaldirektor Jurek Owsiak, den der Innenminister Błaszczak als „totale Opposition”, also Feinde, brandmarkte. Zum dritten Mal in Folge wurde das Festival von der Polizei als „Veranstaltung mit erhöhtem Risiko” eingestuft, unter anderem weil Terrorgefahr aus Deutschland herüberschwappen könnte. Das bedeutet hohe Auflagen und damit hohe Kosten für das eintrittsfreie Festival, zum Beispiel für Zäune und fürdeutlich mehr bezahlte Security. Die bewährten „Peace Patrols”, geschulte Freiwillige, genügen den Auflagen nicht. Mag diese Entscheidung mit Sicherheitsbedenken begründbar sein - die 2017 erfolgte Aufkündigung der traditionellen Woodstock-Zusammenarbeit der polnischen und deutschen Feuerwehren aus der Region durch die polnischen Behörden ist es nicht.

 „Man konnte eine gewisse Spannung vor dem Festival spüren”, räumt Agata ein.

 Es kam auch vor Ort der Moment, der offenbarte, wie empfindlich die Kostrzyner Traditionen gestört werden: Die Feuerwehrleitung aus Lubuskie versagte den Woodstockern die traditionellen Wasserwerfer vom Einsatzwagen. „Aus Sicherheitsgründen haben wir uns entschieden, nicht mit dem Einsatzwagen auf das Festivalgelände zu fahren”, erklärte der Sprecher Dariusz Szymura. Abkühlung mit normalen Wasserschläuchen täte es auch. Theoretisch mag das zutreffen, praktisch bricht dies mit einer weiteren bewährten und beliebten Woodstock-Tradition. Auch die Marschallin vo Lubuskie Elżbieta Polak kritisierte die Entscheidung der Feuerwehr. Jurek Owsiak wusste sich zu helfen. Er rief einfach die Feuerwehr aus Berlin und die rückte sofort nach Kostrzyn aus, um die sonnenverbrannte Haut der Feiernden zu kühlen. So hat Owsiak die deutschen Einsatzkräfte, die von den polnischen Behörden ausgeladen waren, für einen Moment wieder zurück nach Kostrzyn geholt - durch die Hintertür. Und damit gleich zwei Woodstock-Traditionen gerettet.

 „Man wundert sich schon, wenn sich plötzlich ändern muss, was bislang gut funktioniert hat”, sagt Agata. Aber vor allem bedauert sie, dass der Konflikt ”so scharf” geworden sei und das Festival zu einem Werkzeug der Politik gemacht werde. Dieser Konflikt macht offenbar auch Jurek Owsiak müde. Mitte August, nach dem Festival, schrieb er auf seinem Facebook-Profil: „Ich dachte, dass vielleicht die Zeit gekommen ist, dass das Pol’and’Rock-Festival nicht mehr von uns getragen wird!” und schlug vor, dass es die Stadt künftig organisieren könnte. Im Rathaus von Kostrzyn war man „überrascht”. Das sei keine Veranstaltung für eine Stadt unserer Größe, entgegnete Vizebürgermeister Zbigniew Biedulski gegenüber onet.pl.

Nancy WALDMANN

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