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Nelly in ihrem Zimmer

Data publikacji: 29 marca 2018 r. 12:15
Ostatnia aktualizacja: 28 czerwca 2018 r. 11:44
Nelly in ihrem Zimmer
Christa Wolfs Tochter im Gedenkzimmer Foto: Kazimierz LIGOCKI (Wojewódzka i Miejska Biblioteka Publiczna w Gorzowie)  

Mitten im Arbeitszimmer von Christa Wolf stand eine Chaiselongue, ein Sessel mit verlängerter Sitzfläche. Wolfs Tochter Katrin sagte, dass ihre Mutter sich gerne darauf ausruhte.

Seit zwei Monate befinden sich die Möbel in der Stadt- und Wojewodschaftsbibliothek in Gorzów Wielkopolski im museales Christa-Wolf-Gedenkzimmer. Und es gibt noch ein weiteres Möbelstück, die Tochter nannte es „Schreibtisch”, obwohl es ein quadratischer Klapptisch ist. Die Schriftstellerin hatte darauf ihre Schreibmaschine stehen. Der Originaltisch blieb in Berlin, eine Kopie hat Wolfs Ehemann Gerhard extra für das Gedenkzimmer in Gorzów Wielkopolski anfertigen lassen. Den Mittelpunkt an der Wand bildet eine große Fotografie des Ehepaars Wolf, wie sie in ihrer Berliner Wohnung stehen, vor prall gefüllten, bis zur Decke reichenden Bücherregalen.

Christa Wolf ist eine der bekanntesten deutschen Schriftstellerinnen. Am 18. März 1929 ist Wolf in Landsberg an der Warthe geboren, das heute Gorzów Wielkopolski heißt. Am 30. Januar 1945 im Alter von 15 Jahren musste sie die Stadt verlassen. Ihr Leben in der Stadt L., die jetzt die Stadt G. ist, hat sie in der Erzählung „Kindheitsmuster” porträtiert.

1971 fuhr Christa Wolf zum ersten Mal nach dem Krieg in ihre Heimatstadt. In „Kindheitsmuster” hat sie ihre Erinnerungen mit dem Nachkriegsalltag verschränkt. Sie erforscht, wie das Gedächtnis funktioniert und wie der Prozess der Trennung, von dem, was in der Tiefe des Herzens lag, vonstattengeht. Sie taucht in die fremde Realität des Nationalsozialismus ein. Das Buch erschien 1981 auf Polnisch. Es wurde in 25 Sprachen übersetzt.

Christa Wolf lebte seit dem Kriegsende in der DDR. Sie schrieb 30 Bücher, in denen sie wichtige Probleme der deutschen Gegenwart analysierte. Sie erwarb sich Anerkennung, weil sie Ansichten kundtat, die von den Erwartungen der Herrschenden häufig weit entfernt waren.

In der DDR war sie die berühmteste Schriftstellerin, auch im Westen wurde sie geschätzt. Nach der Wende wurde sie aber auch zur umstrittensten Autorin, als ihr vorgeworfen wurde, trotz ihren mutigen Kritik den Machthabern der DDR zu nahe gestanden und mit der Stasi kooperiert zu haben.

Im polnischen Gorzów Wielkopolski war sie drei Mal und sprach immer herzlich und wohlwollend über die Stadt. Nie erlaubte sie sich sentimentale Erinnerungen. Die jugendliche Lebensphase im alten Landsberg hatte sie endgültig beendet. Sie starb am 1. Dezember 2011. Nach ihrem Tod nahm die Familie Kontakt zur Bibliothek in Gorzów Wielkopolski auf, um ihr Andenken zu überlassen.

Seit Oktober 2015 steht im Stadtzentrum von Gorzów Nellys Bank, auf der die 15-jährige Heldin aus „Kindheitsmuster” sitzt, der Schriftstellerin Alter Ego. Der Bildhauer Michał Bajsarowicz hat die Figur geschaffen. Im Christa-Wolf-Gedenkzimmer sieht man ein Relief von Nelly. Außerdem sind in dem Zimmer originalsignierte Bücher zu sehen, Wolfs Manuskripte, Dokumente und Bilder. Die Sammlung soll erweitert werden.

Das Christa-Wolf-Gedenkzimmer wurde am 30. Januar 2018 eröffnet, am Tag des seit langem in Gorzów Wielkopolski begangenen „Tags der Erinnerung und Versöhnung”. An den Feierlichkeiten nahmen unter anderem die Tochter Katrin Wolf und eine Delegation der Berliner Christa-Wolf-Gesellschaft mit der Vorsitzenden Theresa Hörnigk teil, sowie polnische Künstler und Bibliothekare.

Der zur feierlichen Eröffnung verhinderte Gerhard Wolf gab einen Brief mit, der die emotionale Beziehung seiner Frau mit Gorzów dokumentiert. Grzegorz Stach, der Übersetzer, den Gerhard Wolf einen „unermüdlichen Botschafter zwischen Berlin und Gorzów” nennt, schrieb ins Erinnerungsbuch: „Heute ist Christa Wolf in die Stadt zurückgekehrt. Obwohl – tatsächlich war sie immer hier.”

Das Zimmer befindet sich im Stadt- und Wojewodschaftsbibliothek an der Adresse ul. Kosynierów Gdyńskich 108.

Krystyna KAMIŃSKA

Journalistin, Herausgeberin, Autorin von Artikeln und Büchern zu Gorzów Wielkopolski und seinem Kulturleben, Lexika, Monografien, Alben und Reiseführern. Lebt in Gorzów.

Aus dem Polnischen von Nancy WALDMANN

Foto: Kazimierz LIGOCKI

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