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Was für eine Kraft!

Data publikacji: 30 maja 2018 r. 15:30
Ostatnia aktualizacja: 28 czerwca 2018 r. 11:44
Was für eine Kraft!
 

Der Feministische Juristinnen*tag fand erstmals in Słubice statt und atmete die Luft der polnischen Frauenbewegung.

„Wow, was für eine Kraft hier zu spüren ist!”, sagte die Vize-Präsidentin der Universität Viadrina Janine Nuyken, als sie vor die volle Aula des Collegium Polonicum trat. Sie eröffne viele Konferenzen, aber solch energiegeladene Atmosphäre erlebe sie selten. Nuyken begrüßte rund 350 Frauen, die vom 11. bis 13.5. nach Frankfurt (Oder) Słubice zum Feministischen Juristinnentag, überwiegend aus Deutschland, angereist waren. Gerade waren die Organisatorinnen und die betagten Gründerinnen auf der Bühne bejubelt worden – von Anwältinnen, Richterinnen, Staatsanwältinnen, Wissenschaftlerinnen und Aktivistinnen, darunter viele junge Studierende.

Der Generationswechsel scheint dem traditionsreichen, seit 1978 organisierten Kongress keine Probleme zu bereiten – feministische Anliegen treiben Juristinnen aller Altersgruppen um. Wie vielfältig diese sind, sieht man an den Themen der Workshops und Arbeitsgruppen: Rassismus in der Justiz, gewaltbetroffene Frauen und Kinder und ihr Stand im deutschen Sozialgesetzbuch, Wie bekämpft man Hate Speech und homophobe Straftaten juristisch oder die rechtliche Lage von Wanderarbeiterinnen in Privathaushalten, was sehr oft Polinnen betrifft, die alte Menschen in Deutschland betreuen.

Jene, die den Feministischen Juristinnentag, kurz FJT, in den 70ern ins Leben riefen, hatten das Bedürfnis nach einem „geschützten Raum für Solidarität und Auseinandersetzung”. Juristinnen, die sahen, dass die geschlechtliche Neutralität des Rechts ein Mythos war, den sie entlarven müssen. „Geschützter Raum” bedeutet bis heute, dass die Diskussionen und Workshops offen sind für Frauen und für Personen, die sich nicht in die klassische Ordnung der Geschlechter fügen (daher die inklusive Schreibweise „Feministischer Juristinnen*Tag), nicht für die breite Öffentlichkeit. Wer als Journalistin kommen will, stellt sich den Teilnehmerinnen zunächst vor. Regt sich kein Wiederspruch, darf man bleiben. Wieviel den Frauen dieser Raum wert ist, kann man an den relativ hohen Teilnahmebeiträgen ablesen. Das Geld ist nötig, weil der Kongress nicht allzu üppig gefördert wird.

Welcher Ort wäre für eine Sache wie den Feministischen Juristinnentag attraktiver als Polen? Schließlich ist Polen aus feministischer Sicht gerade ein höchst spannender und dramatischer Schauplatz. Die wichtigsten Kämpfe um Frauen- und Reproduktionsrechte der letzten zwei Jahrzehnte finden statt – müssen stattfinden. Die PiS-Regierung will ein ohnehin restriktives Abtreibungsgesetz mit einem Totalverbot verschärfen und damit Frauen das Recht entziehen, selbst über ihre Fortpflanzung zu entscheiden. Andererseits ist dadurch der „Schwarze Protest” erwacht – eine breite, noch unkoordinierte Bewegung von Polinnen verschiedenster Gruppen und Milieus. Von einer solchen Mobilisierung können viele Feministinnen anderswo nur träumen.

Es war keine Juristin, die den im deutschsprachigen Raum verwurzelten FJT erstmals mit polnischen Feministinnen zusammenbrachte: Bożena Chołuj, Professorin für Literatur und Gender Studies an der Viadrina und in Warschau, ist die Verbindungsperson. Sie war es, die Monika Płatek, Anwältin und Professorin der Universität Warschau und eine entschieden feministische Stimme in Polens Öffentlichkeit, mit der Frankfurter Jura-Dekanin Eva Kocher zusammen brachte. Kocher und Płatek bestritten also das Eröffnungsgespräch, in der Płatek den deutschen Juristinnen nahebrachte, wie die polnischen Kämpfe mit dem schwarzen Regenschirm konkret aussehen.

Sie zeichnete das Menschenbild nach, das den Vorstellungen der Nationalkonservativen zugrunde liegt: „Die schwangere Frau wird auf einen Körper reduziert, ohne Geist und ohne Freiheit, sie wird zum Eigentum der Gesellschaft gemacht.” Das gleiche Bild bediente vor einiger Zeit der polnische Ombudsmann für Kinderrechte, als er vorschlug, schwangere Frauen, die Alkohol trinken, zwangsweise in eine geschlossene Anstalt zu verfrachten.

Płatek argumentierte dagegen mit dem allgemeine Gleichbehandlungsgebot der polnischen Verfassung, das in Artikel 33 festgeschrieben ist, aber auch die Reproduktionsrechten, die die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert hat und die ebenfalls aus der polnischen Verfassung abzuleiten seien. Der Staat garantiere sie jedoch nicht, denn er verwehre Information über die Wahrnehmung dieser Rechte bei Ärzten und in Schulen, sagt Płatek. Für die Frauenrechtsbewegung sei in Polen viel zu tun: Die verschiedenen Gruppen müssten sich besser organisieren. Man müsse Misogynie und Sexismus definieren, unterscheiden und in der Gesellschaft darüber aufklären.

Ja, Polen erlebe derzeit einen Backlash. Auch in West-Deutschland habe der Mann bis 1977 das Bestimmungsrecht in der Ehe besessen. Es gibt noch viel zu erkämpfen für Frauen auf der ganzen Welt. Dennoch: „Es ist das Ende der Jahrhunderte der Patriarchie”, resümiert  Płatek. Es gibt kein Zurück.

Nancy WALDMANN

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