Während des Weltfriedensforums am 11. November in Paris, am hundertsten Jahrestag des Weltkriegsendes, wurde viel über die Gründe für den damaligen Krieg und die notwendige Solidarität in der heutigen Welt gesprochen. In der Rede, die Angela Merkel zwei Tage vorher im Europäischen Parlament hielt, nannte sie die Solidarität ein „Teil der europäischen DNA”. Auf dem Forum in Paris, an dem viele politische Führer aus der ganzen Welt teilnahmen, aber keine aus Polen (sie waren bei den Feierlichkeiten in Warschau am gleichen Tag), verneigte sie sich vor Polen, in dem sie in der offiziellen Rede über die Hundertjahrfeier der wiedererlangten Unabhängigkeit sprach.
Die Welt ist mit dem Begriff Solidarität und seiner Bedeutung vertraut dank der revolutionären Bewegung in Polen, die Gesellschaften vieler Länder dazu inspirierte, den Vorhang zu zerreißen, die Mauern zu stürmen und zueinander zu finden. Dies war auch in Deutschland der Fall, das sich auf der Welle dieser Ereignisse wiedervereinte. Symbolisch erinnert daran ein Mauerfragment der Danziger Werft vor dem Reichstag (ein Fragment der Berliner Mauer steht in Danzig).
Auch wenn kaum drüber gesprochen wird, belebt der Gedanke der Solidarität auch heute die polnisch-deutschen Beziehungen, die trotz des politischen Zusammenbruchs zwischen Berlin und Warschau immer reicher werden.
Es wäre gut, wenn diese Idee wieder Teil des Genoms der Hauptstadtkontakte wird. Das Jahr 2019 wird dabei förderlich sein.
Bereits im Frühjahr sind Wahlen zum Europäischen Parlament und im Spätsommer und Herbst werden der 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges mit dem 30. Jahrestag des Mauerfalls und des bahnbrechenden Treffens von Mazowiecki und Kohl in Kreisau zusammenfallen.
Und jetzt steht uns der Advent bevor, das Warten auf Weihnachten. Die Weihnachtsmärkte beginnen, die in Deutschland Tradition haben und in Polen noch nicht lange bekannt sind, weil die Adventstraditionen in unseren Ländern verschieden sind. Auf den richtigen Weihnachtsmärkten dominiert nicht der Kaufrausch, sondern Begegnungen bei Lebkuchen, Studel und Glühwein. Es mag hochtrabend klingen, aber es geht darum, vor Weihnachten, das an einen Durchbruch in der Weltgeschichte erinnert, unsere zwischenmenschliche Solidarität zu erneuern. Ich hoffe, dass es solche Begegnungen, auch deutsch-polnische, so viele wie möglich geben wird.
Bogdan TWARDOCHLEB